Sopron 2019

Bürgerreise nach Sopron, Sept. 2019

Facettenreiche Reise nach Sopron und Ungarn

Ungarn ist eine Reise wert, darin sind sich die Teilnehmer der Bürgerreise in Kemptens Partnerstadt Sopron einig


Ein Bericht von Gaby Heilinger, abgedruckt im Kreisboten am 9. Oktober 2019             

Kempten hat fünf Partnerstädte. Jedes Jahr geht die Bürgerreise in eine andere Stadt. Mit einem einmaligen Blick auf den historischen Stadtkern der ungarischen Partnerstadt Sopron verbrachten interessierte Kemptner*innen kürzlich fünf Sommertage.


Lajos Fischer, Vorstandsmitglied des Städtepartnerschaftsvereins und zuständig für seine Geburtsstadt Sopron, begleitete mit seiner Frau Johanna die dreißigköpfige Reisegruppe. Humorvoll und unermüdlich brachte er den Teilnehmer*innen das wunderbare Land Ungarn nahe. Er vermittelte ihnen Einblicke in die verschiedenen Zeitepochen, erklärte die Lebensweise der Ungarn, die Entwicklung der Wirtschaft und sparte auch nicht mit Kritik an Orbán und dem gesellschaftlichen und politischen System. "Lajos ist eine unerschöpfliche Quelle von wissenswerten Details zu allen, aber auch allen Themen", war der einstimmige Kommentar der Reisenden.

Der Freundschaftskreis der Partnerstädte hatte ein vielseitiges Programm vorbereitet. Nach dem herzlichen Empfang im Rathaus, bei dem deutlich zu spüren war, wie wichtig den Soproner*innen die Begegnung zwischen Angela Merkel und Viktor Orbán anlässlich des kürzlich gefeierten dreißigjährigen Jubiläums des Paneuropäischen Picknicks war, folgte eine interessante Stadtführung, in deren Rahmen man neben touristischen Sehenswürdigkeiten wie Feuerturm, Ziegenkirche usw. auch die evangelische Kirche besichtigte, in der Merkel und Orbán ihre Ansprachen gehalten hatten und der Gottesdienst anlässlich des historischen Ereignisses zelebriert worden war.

Sehr beeindruckend war das Schloss der Familie Széchenyi in Nagycenk, das zwischen 1741 und 1750 erbaut worden und der damalige Rückzugsort des "größten Ungarn" war: Graf István Széchenyi. Hier befindet sich heute die Ausstellung des neu überarbeiteten und gut konzipierten Széchenyi-István-Gedenkmuseums.

Später hatte die Gruppe die Möglichkeit, das Schloss der Eszterházys mit dem der Széchenyis zu vergleichen. Bei den Eszterházys begeisterte besonders die Außenanlage mit dem wunderbaren Park.

Ausgesprochen nachdenklich und emotional wurden alle Reisenden bei dem Besuch der Gedenkstätte des Paneuropäischen Picknicks. Dieses geschichtsträchtige Picknick und der Grenzdurchbruch wurden zu Sinnbildern der Wiedervereinigung Europas. Der Schauplatz des historischen Ereignisses ist heute ein bevorzugter Zielpunkt von Touristen, eine Pilgerstätte einstiger ostdeutscher Flüchtlinge und ihrer Verwandten. Da der Paneuropäische-Picknick-Gedenkpark eine bedeutende Rolle in der Geschichte Europas bzw. in der Europäischen Union gespielt hatte, wurde ihm 2015 das Europäische Kulturerbe-Siegel verliehen.

Ein weiterer Höhepunkt der Reise war ein Tagesausflug nach Visegrád und Szentendre am Donauknie. Die Burg in Visegrád, hoch oben über der Stadt liegend, ermöglichte allen einen wunderbaren Ausblick ins Donautal, vermittelte aber auch einen geschichtlichen Einblick. Lajos Fischer wies darauf hin, dass sich in Visegrád am 15. Februar 1991 die sogenannten Visegrád-Staaten, Polen, Tschechoslowakei und Ungarn, zu einem Bündnis zusammenschlossen. Aber bereits 1335 hatten sich hier die ungarischen, böhmischen und polnischen Könige zu wirtschaftlich-politischen Verhandlungen getroffen.

Der malerische kleine Ort Szentendre, fast zweitausend Jahre alt und herrlich an der Donau gelegen, erinnert an das Ungarn, das man durch Filme, Bücher und Erzählungen vor Augen hat. Es ist ein gemütlicher, zu Ruhe und Besinnung einladender Ort, gleichzeitig aber verbunden mit einmaligen, mit ungarischem Kunst- und handgefertigtem Kulturgut gefüllten Läden, an denen man einfach nicht vorbeigehen kann. Enge Gassen mit Kopfsteinpflaster führen zu den Museen, Galerien und gemütlichen Cafés. Der Heimweg an diesem Tag führte sogar über die Hauptstadt Budapest.

In die Reihe der Programmhöhepunkte gehört auch die Besichtigung des Liszt-Geburtshauses in Raiding. Hier erlebten alle eine beeindruckende Führung durch Ferenc Liszts Leben, die mit seiner "Ungarischen Sinfonie" im nebenan errichteten Konzerthaus endete.

Als großes musikalisches Highlight der Reise bezeichneten die Reisenden Liszts "Liebestraum" und Werke von Bedrich Smetana, dargeboten von dem phantastischen Streichquartett "Wespa" unter der Leitung von Péter Kóczán. Um den besonderen Wunsch seines Freundes Lajos Fischer zu erfüllen, fand dieses Konzert speziell für die Teilnehmer*innen der Reisegruppe am frühen Vormittag im Liszt-Kulturzentrum statt. Danach gab es die Gelegenheit, ebenfalls im Liszt-Kulturhaus, eine äußerst interessante, zum Nachdenken anregende Ausstellung anzuschauen, die von zwei bedeutenden Bildhauern erschaffen wurden. Einer von ihnen, Miklós Melocco, ist der Schöpfer des berühmten Denkmals des Paneuropäischen Picknicks.

Kulinarisch gesehen war die Reise nach Ungarn, wie kann es auch anders sein, natürlich ein Hochgenuss. Wunderbare typisch ungarische Abendessen, verbunden mit ausgiebiger Weinprobe, bei angenehmen Temperaturen im Garten der Restaurants sitzend, rundeten die erlebnisreichen Tage ab. Die Größe der Portionen verschlug dem einen oder anderen die Sprache. Alles war äußerst schmackhaft zubereitet. Im Rahmen des Abschied-Abendessens berichtete ein "Ponzichter" in Liedern und Geschichten vom Leben der früheren "Bohnenzüchter", die als Weinbauern zwischen die Reben auch Bohnen pflanzten, was zu ihrem Lebensunterhalt beitrug. Heutzutage wird ausschließlich intensiv und erfolgreich Weinbau betrieben, von dem der herrliche Wein in Sopron zeugt.

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